MÜHLBACH
Grunddaten
Länge: Ca. 6,6 km
Ursprung: Unna-Mühlhausen
Mündung: Seseke, bei Heeren-Werve
Bei heißen Sommertemperaturen mit einem kühlen Getränk die Beine im Wasser baumeln lassen – ein Vorhaben, das heute zum Glück auch tatsächlich wieder in die Tat umgesetzt werden kann. Denn wer entlang des in Mühlhausen entspringenden und auf seinem Weg durch die Uelzener und Werver Heide den Kortelbach aufnehmenden Mühlbaches spazieren geht, erhält mittlerweile wieder einen Eindruck seiner ursprünglichen Schönheit. Doch zwischen heutigem Eindruck und Ursprung liegen über 70 Jahre, in welchen der Flusslauf als offene Kloake fungierte, die das Abwasser der Region abführte. Schuld war der voranschreitende Bergbau in der Region, infolgedessen es im Ruhrgebiet immer wieder zu Bergsenkungen kam. Dies machte nicht nur eine Abführung des Schmutzwassers in unterirdischen Abwasserkanälen unmöglich, es sorgte auch dafür, dass natürliche Fließgewässer „stehenblieben“ und teils rückwärts flossen. Um dennoch für eine Abfuhr der Schmutzwassermengen zu sorgen, die durch die enorme Bevölkerungszunahme stetig anstieg, wurden zahlreiche Fluss- und Bachläufe in der Region zweckentfremdet. In ihrem Verlauf begradigt und mit Betonsohlschalen ausgestattet, um das Schmutzwasser schneller abfließen zu lassen, wurden sie für die nächsten Jahrzehnte zur sogenannten „Köttelbecke“ ohne natürliches Leben. Dabei galten der Heerener Mühlenbach und die Kamener Seseke bis dahin sogar als Naturparadiese mit großer Artenvielfalt.
Erst mit dem einsetzenden Ende des Bergbaus in den 1980er-Jahren und dem Abklingen der Bergsenkungen konnte über eine alternative abwassertechnische Infrastruktur nachgedacht werden. Bis 2014 sind so durch den Lippeverband vier moderne Kläranlagen und rund 73 Kilometer geschlossene Abwasserkanäle gebaut worden. Der Heerener Mühlbach erhielt seine geschlossene Abwasserführung und damit sein sauberes Wasser zwischen 2002 und 2005. Die schlussendliche Renaturierung durch die Entfernung der Betonsohlschalen erfolgte zwischen Mai 2011 und April 2013. Die Kosten dafür beliefen sich auf 4,3 Mio. €.
Seitdem haben sich der Fluss und seine Flora und Fauna wieder erholt und laden mit Spazierwegen und dem Blauen Klassenzimmer wieder zum Verweilen, Entspannen und Entdecken ein.
Und wenn Sie sich mit dem Mühlbach-Emailleschild beschäftigt haben, wäre es doch toll eine Drehung um 180 Grad zu machen und die gegenüberliegende Streuobstwiese zu erkunden. Werden Sie wohl den ein oder anderen Baum erkennen?
Autor: André Siegel
Literatur
Kamen: Entspannen am Heerener Mühlbach, URL: [https://www.eglv.de/medien/kamen-entspannen-am-heerener-muehlbach/] (09.08.2024)
Umgestaltung der Seseke. Neues Gesicht für einen Fluss, URL: [https://www.eglv.de/lippe/die-neue-seseke/] (09.08.2024).
Stoltefuß, Karl-Heinz: Heeren-Werve – wie es früher war. Historische Ansichten der alten Hellweg-Gemeinde. Bönen 2007.
Schon gewusst?
Am 30. August 2016 kam es durch einen verstopften Rechen, der den Abfluss des damals noch Schmutzwasser führenden Kortelbaches in die Kanalisation verhinderte, zu einem Überlaufen in den höher gelegenen Heerener Mühlbach, infolgedessen es flussabwärts zu einem großen Fischsterben kam.
Bildunterschrift und Fotonachweis: Mühlbach südlich der Brücke über die Heerener Straße im Jahr 1937, Foto: Karl-Heinz Stoltefuß, Privatarchiv
Mit freundlicher Unterstützung durch den Heimatpreis Kamen 2023 und den Heeren-Werver Bürgerhaushalt 2024.
Kamen 59174
Deutschland