EVANGELISCHER FRIEDHOF

Heerener Straße 140

59174 Kamen

Grunddaten

Datierung: nach 1946

Material: Stein

Erbauer: Kriegsgräberfürsorge

Der Evangelische Gemeindefriedhof in Heeren wurde 1876 errichtet. Nach 1918 übernahm die Kirchengemeinde auch die Aufgabe, den Friedhof für die Kommunalgemeinde Heeren-Werve zu unterhalten. Versuche aus dem Jahr 1930, daneben einen kommunalen Friedhof einzurichten, scheiterten. Auf dem Friedhof gibt es zwei Gedenkorte. Rechts des Hauptweges vom Parkplatz Richtung Kapelle steht das Mahnmal für 36 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg, davon 33 russische, zwei polnische und ein kroatisches Grab. Links des Hauptweges gibt es sechs Kriegsgräber.

Die um 1950 errichtete Stele am Massengrab trug ursprünglich einen roten Sowjetstern auf der Spitze, der 1992 anlässlich der Renovierung und infolge des Abkommens der Bundesrepublik mit der Russischen Föderation abgenommen wurde. Die Inschrift auf Russisch lautet übersetzt: „Hier ruhen 28 sowjetische Menschen, umgekommen in faschistischer Gefangenschaft 1941-1945“. Darüber hinaus gibt es acht weitere Gräber für zivile Zwangsarbeiter. Eine Grabplatte nennt elf Namen, dazu ein Schild mit dem Bild eines Opfers. Diese 36 Toten gehören zu den mindestens 545 Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern auf der Zeche. Zivile Zwangsarbeiter waren überdies in großer Zahl bei der Gemeinde, bei Firmen und auf Bauernhöfen eingesetzt.

Verweis: Die russischen Kriegsgefangenen waren in drei Baracken untergebracht, die hinter dem Damm der Zechenbahn im Südfeld, heute Husemannplatz, gebaut wurden. 1942 beantragte die Verwaltung der Zeche Königsborn 2/5 die Errichtung für die Unterbringung von 600 Kriegsgefangenen sowie einer Umkleide- und Waschbaracke. Am 7. August forderte sie die Baubehörde zu einer schnellen Genehmigung auf. Die Bezugsfertigkeit wurde am 13. Januar 1943 gemeldet. Zeitzeuge Josef Zygmunt schreibt über die Zwangsarbeiter: „Dort vegetierten zusammengepfercht mehrere Hundert dieser erbarmungswürdigen Menschen, auch einige Frauen unter ihnen. Täglich wurden sie in geschlossenen Kolonnen morgens, mittags und abends zur Arbeit getrieben. Hohlwangig, frierend, schlurfend schleppten sie sich dahin, recht- und hilflos der Willkür ihrer Bewacher ausgeliefert.“

Nach dem Krieg wurden die Baracken durch Um- und Neubauten zu einer Wohnanlage für ledige Bergleute umgewandelt, im Volksmund „Bullenkloster“ genannt. 1955 wurde ein Versorgungshaus mit Küchenbetrieb hinzugebaut, das vorübergehend ab 1961 auch als Berufsschule diente. Heute sind die Gebäude in Privatbesitz und dienen als Wohnungen.

Links des Hauptweges gibt es sechs Kriegsgräber, zwei für Soldaten, die am 16. Februar 1945 fielen. In vier Gräbern liegen Männer, die am 10. April 1945 bei der Verteidigung von Kamen gegen die angreifenden Panzer des 379. US-Regiments fielen. Darunter die Gymnasiasten Horst Heber (16) und Hans-Joachim Rüscher (17) aus Dresden sowie die Volkssturmmänner Fred Freiwald (19) und Emil Quenzel (47). Die Dresdener Flakbatterie 565 war Anfang 1945 ins östliche Ruhrgebiet verlegt worden. In der Nacht zum 10. April bezog die Einheit Stellung bei Heeren. Sie grub sich auf dem Damm der im Bau befindlichen A 1 ein und bediente zwei Geschütze an der Gärtnerei Stahl bei Volkermanns Hof. Um 9 Uhr erfolgte der Durchbruch. Im Bericht der Batterie heißt es: „Befehl, am 10.4. früh zwischen 4 und 6 h Stellungswechsel zu machen. (…) Anderthalb Stunden nach Beendigung des Stellungsbaues Angriff der Amerikaner im Nebel, die nach ca. 35 Min. Gefecht die Stellung überrannten.“ Die Toten wurden von amerikanischen Sanitätssoldaten zum Heerener Friedhof geschafft, auf dem Leiterwagen der Gärtnerei.

Text: Klaus Goehrke

Literatur

Bauakte zu den Baracken: Antrag der Klöckner-Werke AG, Stadtarchiv Kamen III 2731, 034

Begander, Götz: Dresden im Luftkrieg, Würzburg 1998.
Goehrke, Klaus: Burgmannen, Bürger, Bergleute. Eine Geschichte der Stadt Kamen, Kamen 2010.
Ders.: Zwangsarbeit in Kamen, in: Springinsfelt – Kamener Hefte für Geschichte und Gegenwart, Kamen 2024.
Hellkötter, Wilhelm: Kamen und Umgebung und der Krieg 1939-1945, Stadtarchiv Kamen, KEX 82.9.
Stoltefuß, Karl-Heinz: Zeche Königsborn 2/5, Die Geschichte der Steinkohlenzeche und ihrer Menschen in Heeren-Werve, Kamen 2010.
Zygmunt, Josef: Frühe Jahre der Gemeinde Heeren-Werve 1871-1945, Kamen 1985.

Schon gewusst?

Auf den Friedhöfen in Kamen, Methler, Altenbögge und Bönen gibt es weitere Gedenkorte für Zwangsarbeiter, Mahnmale an Massengräbern sowie Felder mit Einzelgräbern.

Bildunterschrift und Fotonachweis: Stele auf dem Sowjetischen Massengrab , Foto: Klaus Goehrke

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