BONHOEFFER HAUS
59174 Kamen
Grunddaten
Datierung: Erbaut 1952
Erbauer: Zeche Königsborn, verantwortlich: Zechenbaumeister Kistenmacher
Durch den Bau von Zechensiedlungen und dem damit verbundenen Zuzug von jungen Familien im Werver Bereich wurden vermehrt Kindergartenplätze benötigt. Auch die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen spielte dabei eine Rolle. Wie auch im Heerener Stadtteil hat die damalige Zechenverwaltung Verantwortung übernommen und auf einem Erbpachtgrundstück einen neuen Kindergarten bauen lassen. Neben einem Gruppenraum für die Kinder, einem Besprechungsraum oder Büro und kleineren Nebenräumen gab es eine große Außenspielfläche für die Kinder. Im Obergeschoss des Hauses waren zwei Wohnungen für die Kindergartenleiterin und die Gemeindeschwester. Die Leitung der neuen Einrichtung wurde kirchlich-diakonischer Verantwortung übertragen.
Der einzügige Kindergarten in der Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde bekam den Namen „Fröbelhaus“ und hat bis 1978 an diesem Standort erfolgreiche Arbeit geleistet. Danach wurde der Kindergarten in einem städtischen Gebäude an der Pröbstingstraße als dreizügige Einrichtung erweitert, da das Jugendamt der Stadt Kamen dringend weitere Kita-Plätze benötigte.
Mittlerweile erkannte das Presbyterium der Kirchengemeinde, dass die Arbeit mit der größer werdenden Anzahl von Senior:innen eine zukünftige Aufgabe werden würde. Aus diesen Überlegungen heraus wurde das ehemalige „Fröbelhaus“ in „Bonhoeffer-Haus“ umbenannt und als Standort für ehrenamtliche Seniorenarbeit 1982 von Pfarrer Alfred Supper festlich seiner Bestimmung übergeben. Daneben sollte dieses Haus aber auch von anderen Gemeindegruppen regelmäßig belegt werden können. In der notwendigen baulichen Veränderung wurden ein großer Versammlungsraum, eine Teeküche, ein Büro, entsprechende Toilettenanlagen und eine Rampe für Rollatoren im Eingangsbereich installiert. Das Obergeschoss wurde an die Hausmeisterin und ihre Familie vermietet.
Zunächst hat Presbyter Rudolf Grünewald die wöchentlichen Treffs am Montag- und Mittwochnachmittag von 15:00–17:00 Uhr mit einem Vorbereitungsteam ehrenamtlich geleitet. Der große Zuspruch von 30 bis 35 Personen pro Treffen sprengte jedoch den Rahmen ehrenamtlichen Engagements. So wurden für eine Übergangszeit ABM-Stellen beantragt, die unterstützend tätig werden sollten, jedoch durch den häufigen Wechsel wenig erfolgreich waren. Nach langer Diskussion hat das Presbyterium der Kirchengemeinde 1992 dann die mutige Entscheidung getroffen – als einzige Gemeinde im Kirchenkreis Unna – eine halbe Stelle mit 19,5 Wochenstunden für kirchliche Seniorenarbeit einzurichten.
Außerdem wurde vom Presbyterium durch Spenden und Eigenmittel ein sogenannter „Gemeindebulli“ angeschafft, der die älteren Menschen zu den Treffen im Bonhoeffer-Haus, anderen Gemeindeveranstaltungen und den Gottesdiensten bringen sollte. Auch der Fahrdienst wurde ehrenamtlich organisiert.
Im November 1992 wurde Frau Gisela Schröter als qualifizierte Erzieherin zur Seniorenbeauftragten der Kirchengemeinde zu Heeren-Werve gewählt. Sie hat an die bestehende Arbeit im Bonhoeffer-Haus anknüpfen können, jedoch auch sehr bewusst eigene Akzente gesetzt. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ihrer Arbeit war die aktive Beteiligung der Senior:innen mit ihren Gaben und Fähigkeiten an den einzelnen Veranstaltungen. Auf diese Weise strukturierte Teamarbeit die zukünftige Seniorenarbeit. In all den Jahren hat sie mit Gruppennachmittagen, Freizeiten, Kranken- und Geburtstagsbesuchen bei älteren Menschen, seelsorglichen Gesprächen, Gottesdiensten, Festen und Feiern die Seniorenarbeit als gemeindlichen Schwerpunkt weiterentwickelt und damit die Arbeit rund um das Bonhoeffer-Haus fest im Gemeindespektrum verankert.
Anfang des neuen Jahrtausends wurde die Kirchengemeinde aus finanziellen Gründen gezwungen ihren hohen Gebäudebestand kritisch zu überprüfen. Nach langen Diskussionen in der Mitarbeitendenversammlung und dem Leitungsgremium wurde dann schweren Herzens entschieden, das Bonhoeffer-Haus im Jahre 2005 zu schließen und anschließend zu vermieten.
Foto: Letzte Zusammenkunft der Seniorenrunde im Bonhoeffer-Haus am 18. Juli 2005, Pfr. Herbert Ritter (Mitte) und Seniorenbeauftragte Gisela Schröter (4. von rechts) ©Herbert Ritter Privatarchiv
Pfarrer Herbert Ritter als zuständiger Gemeindepfarrer hat dann zusammen mit Gisela Schröter in einem feierlichen Gottesdienst die Entwidmung des Gebäudes vorgenommen. Teile der Seniorenarbeit fanden im Bodelschwingh-Haus oder im Lutherzentrum ein neues zu Hause. Das Seniorenbüro wurde zunächst ins „Alte Pfarrhaus“ und später ins Lutherzentrum verlagert.
Somit ist das „Bonhoeffer-Haus“ noch immer im Besitz der Kirchengemeinde zu Heeren-Werve, steht aber als vermietetes Objekt für die Gruppenarbeit nicht mehr zur Verfügung.
Text: Herbert Ritter
Literatur
Stoltefuß, Karl-Heinz: Heeren-Werve. Die Geschichte eines Hellweg-Kirchspiels vom 12. bis zum 20. Jahrhundert, Kamen 2000.
Schon gewusst?
Die ehemalige „Evangelische Kirchengemeinde Heeren“ hat 1992 ihren Namen in „Evangelische Kirchengemeinde zu Heeren-Werve“ geändert, um deutlich zu machen, dass die Kirchengemeinde aus den zwei gleichberechtigten Pfarrbezirken Heeren und Werve besteht. Das adelig anmutende „zu“ im Namen soll historisch an das alte Patronatsrecht des Hauses Heeren über die Kirche erinnern, das durch einen Kirchenvertrag 1949 aufgelöst worden ist.
Bildunterschrift und Fotonachweis: Einweihung des Fröbel-Kindergartens im Jahr 1952. Später nach Umbau: das Bonhoeffer-Haus; Foto: Karl-Heinz Stoltefuß, Kamen-Heeren-Werve: Die Geschichte eines Hellweg-Kirchspiels
Mit freundlicher Unterstützung durch den Heimatpreis Kamen 2023 und den Bürgerhaushalt 2024.
Kamen 59174
Deutschland